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アイヨーラおばさん

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75 UEG24- 1 1

Mit dieser Nacht begann für Bastian eine lange, einsame Wanderung.
Zurück zu Xayide wollte er nicht mehr.
Er wollte jetzt den Rückweg in die Menschenwelt suchen.
Aber er wußte nicht wie und wo.
Ohne daß Bastian dessen gewahr wurde, bildete sich in ihm ein neuer Wunsch.
Er wollte nicht mehr der Größte, der Stärkste oder der Klügste sein.
Das alles hatte er hinter sich.
Er sehnte sich danach, so geliebt zu werden, wie er war, mit all seinen Fehlern - oder sogar gerade wegen ihnen.
Da geschah es eines Tages, daß er in einem Wald von Rosen kam, Rosen in allen Farben.
Und mitten durch diesen unendlichen Rosenhag lief ein geschwungener Pfad, an dem ein Wegweiser stant.
„Zum Änderhaus“, stand darauf.
Bastian folgte der angegebenen Richtung, bis er schließlich in einer Allee gelangte.
Und ganz am Ende der Allee tauchte ein Haus auf.
Während er darauf zuging, hörte er aus dem Inneren eine Frauenstimme singen.
Die Stimme übte eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf Bastian aus.
Er öffnete die Tür und sah eine gemütliche Stube.
In der Mitte stand ein runder Tisch mit allerlei Schalen und Körben voll bunter Früchte.
Am Tisch saß eine Frau, die selbst ein wenig aussah wie ein Apfel, so rotbackig und rund.
Sie winkte ihm mit einem lieben Lächeln herein.
»Setz dich doch, mein schöner Bub!
Du wirst sicher hungrig sein, also iß erst einmal von dem Obst!
Greif zu!« »Danke!«
»Ich will dir inzwischen eine kleine Geschichte erzählen.
Vor langer, langer Zeit war unsere Kindliche Kaiserin todkrank, denn sie brauchte einen neuen Namen, und den konnte ihr nur ein Menschenkind geben.
Da kam eines Tages oder, besser gesagt, eines Nachts ein kleiner Bub, und der gab der Kindlichen Kaiserin den Namen Mondenkind.
Sie wurde wieder gesund, und zum Dank versprach sie dem Buben,
daß alle seine Wünsche in ihrem Reich Wirklichkeit werden sollten - so lange, bis er seinen Wahren Willen gefunden hätte.
Von da an machte der kleine Bub eine lange Reise, von einem Wunsch zum anderen, und jeder erfüllte sich.
Aber mit jeder Wunscherfüllung vergaß der kleine Bub einen Teil seiner Erinnerung an die Welt, aus der er gekommen war.
Und seinen Wahren Willen kannte er noch immer nicht.
Da führte ihn zuletzt sein Weg ins Änderhaus, damit er hier so lange bleiben sollte, bis er seinen Wahren Willen fände.
Das Änderhaus heißt so, weil es den ändert, der in ihm wohnt.
Und das war sehr wichtig für den kleinen Buben,
denn bisher wollte er zwar immer ein anderer sein, als er war, aber er wollte sich nicht ändern.«
»Warum ißt du nicht weiter. Schmecken dir die Früchte nicht? «
»Wie? O doch, sie sind sehr gut. «
»Dann ist ja alles in Ordnung.
Aber ich habe vergessen zu sagen, wie der kleine Bub hieß, der im Änderhaus so lange schon erwartet wurde.
Viele in Phantasien nennen ihn einfach nur den »Retter«, aber sein wirklicher Name ist »Bastian Balthasar Bux.««
»So heiße ich.« »Na, siehst du! «
»Übrigens habe ich dir bis jetzt noch nicht gesagt, wie ich heiße. Ich bin Dame Aiuola.«
» Warum hast du so lang auf mich gewartet, Dame Aiuola?«
»Ich habe mir immer ein Kind gewünscht, das ich verwöhnen darf, das meine Zärtlichkeit braucht, für das ich sorgen kann - jemand wie du, mein schöner Bub.«
Bastian war in einen süßen Halbschlaf hinübergeglitten, in dem er ihre Worte wie einen Singsang vernahm.
Als er am nächsten Morgen erwachte, fühlte er sich so wohl und so zufrieden wie nie zuvor.
Dame Aiuola wartete schon mit dem Frühstück auf ihn.
Nach der Mahlzeit schickte sie ihn hinaus, damit er an die frische Luft käme.
In dem weiten Rosenhag, der das Änderhaus umgab, schien ein ewiger Sommer zu herrschen.
Bastian strolchte herum, roch den süßen Duft der Rosen, und ließ die Zeit vorüberrauschen wie einen Bach, ohne irgend etwas Bestimmtes zu denken.
So vergingen Tage, und aus den Tagen wurden Wochen.
Dame Aiuola war fröhlich, und Bastian überließ sich ganz und gar ihrer mütterlichen Fürsorge und Zärtlichkeit.
Doch langsam tat die verwandernde Kraft des Änderhauses ihre Wirkung.
Bastian schmeckten die Früchte immer noch so wie am Anfang, doch nach und nach war sein Heißhunger gestillt.
Er aß weniger davon.
Auch von der Fürsorge und Zärtlichkeit Dame Aiuolas fühlte er sich gesättigt.
Und in demselben Maß, wie sein Bedürfnis danach abnahm, erwachte in ihm eine Sehnsucht ganz anderer Art:
Die Sehnsucht, selbst lieben zu können.
Der Wunsch danach wurde stärker und stärker.
Und eines Tages sprach er darüber mit Dame Aiuola.
»Jetzt hast du deinen letzten Wunsch gefunden. Dein Wahrer Wille ist es, zu lieben.«
»Aber warum kann ich es nicht, Dame Aiuola?«
»Das kannst du erst, wenn du vom Wasser des Lebens getrunken hast.
Und du kannst nicht in deine Welt zurück, ohne anderen davon mitzubringen.«
»Weißt du, wo ich das Wasser des Lebens finden kann?«
»An der Grenze Phantasiens«.
»Aber Phantasien hat keine Grenzen.«
»Doch, aber sie liegen nicht außen, sondern innen.«
»Was soll ich jetzt tun?«
»Du maßt mich verlassen. Deine Zeit im Änderhaus ist vorüber.«
»Und wo soll ich hin?«
»Dein letzter Wunsch wird dich führen. Verliere ihn nicht!«
»Danke, Danke für alles!«
Als Bastian durch die Tür hinaustrat, sah er, daß es über Nacht Winter geworden war.
Der Schnee lag knietief, und von dem blühenden Rosenhag waren nur noch schwarze Dornenhecken übrig.
Fröstelnd machte er sich auf den Weg.